Die kalte Jahreszeit war nun schon vor einer ganzen Weile angebrochen. Takenya fror.. und das konnte man ihr wohl auch deutlich ansehen. Ihr ganzer Körper bebte vor Kälte und Erschöpfung. Die junge Fähe hatte eine lange Reise hinter sich und so gestand sie sich selbst eine kleine Pause zu. Die Wälder die sie umgaben vermittelten ihr schon fast einen kleinen Anflug von Sicherheit. So suchte sie sich ein mehr oder weniger geschütztes Plätzchen unter einem recht großen Nadelbaum und ließ sich dort für einen Moment nieder.

Mit einer Wühlmaus im Maul kam Rhemus an der Lichtung an. Im lockeren Trab entdeckte er Fußspuren, die er eindeutig einem anderen Wolf zuordnen konnte. Horchend schaute er sich um. Mit gesenkter Nase roch er an den Spuren und konnte eine Fährte ausmachen. Dieser folgte er bis er TAKENYA unter einem Nadelbaum sehen konnte. Er legte den Kopf schief. Er ging näher heran, hob den Kopf freundlich etwas hoch. Die Wölfin sah geschwächt aus... Rhemus drehte nachdenklich seinen Kopf nach hinten. Sonst keiner weit und breit. Er wartete erstmal ab wie die Wölfin auf ihn reagiert.

Takenya hatte gerade ihren Kopf auf ihre Pfoten gebettet und schloss für einen kurzen Moment ihre müden Augen. Als sie sie kurz darauf wieder öffnete, stand ein recht groß wirkender Rüde nicht weit von ihr entfernt und schien direkt in ihre Richtung zu blicken. Erschrocken sprang die helle Fähe auf die Pfoten und fühlte sich für einen Moment hellwach. Warum hatte sie ihn nicht eher bemerkt? War ihre Erschöpfung etwa schon so weit vorangeschritten, dass sie nicht einmal mehr die einfachsten Hinweise auf Fremde wahrnahm? Angespannt und auch ein wenig verunsichert blickte sie in Richtung des Rüden. Sie fühlte sich vor Schreck geradezu gelähmt und brachte keinen Ton heraus.

Rhemus legte seinen Kopf wieder etwas schief. Er hatte nicht vor gehabt sie zu erschrecken, weswegen er wieder ein paar Schritte zurück ging. Die Tote Wühlmaus in seinem Maul baumelte ruhig hin und her. Freundlich blinzelte Rhemus. Sein Gesichtsausdruck sollte der Wölfen eigentlich vermitteln dass er nichts böses im Sinne hatte. Der Winter konnte hart sein.

Nachdem sich der erste Schrecken ein wenig gelegt hatte, betrachtete Takenya den fremden Rüden ein wenig genauer. Es schien keine einzige bedrohliche Geste von ihm auszugehen. Er stand einfach da, blickte ruhig in ihre Richtung und sagte kein Wort. Etwas zögerlich erwiederte sie seinen Blick.
"H-Hallo.."
Diese Worte entglitten nur leise ihrem Fang, es war fast schon wie ein flüstern. Sie war nicht gerade schüchtern und das strahlte sie wohl auch nicht aus, doch eine gewisse Verunsicherug schien deutlich mitzuschwingen.

Rhemus ging in eine entspannte Körperhaltung über. Auf seinen Lefzen zeigte sich ein seichtes Lächeln und er hielt den Abstand zu Takenya.
"Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen."

Takenya schüttelte ihren Kopf kaum merklich hin und her, ganz, als könnte sie ihre Überraschung auf diese Weise vertreiben. Dann begann sie sich wieder zu fangen. Sie richtete sich auf.
“Ich habe nur einen Ort gesucht um mich auszuruhen.“
sprach sie mit nun deutlich festerer Stimme. Wer der Fremde wohl war? Sie war sich nicht sicher, ob er hier lebte oder lediglich ebenfalls nur auf der Durchreise war. Sie musterte ihn aufmerksam. Etwas eigenartiges schien an seinem rechten Ohr befestigt zu sein.
Mein Name lautet Takenya.
Stellte sich die helle Fähe vor, in der Hoffnung dieser unangenehmen Situation ein wenig mehr Klarheit zu verschaffen.

Rhemus nickte als Takenya sich vorstellte. Ein hübscher Name wie er fand. "Man nennt mich Rhemus.", legte er seinen Kopf etwas schief und dachte über ihre Aussage nach. Nach Ausruhen hatte ihr Zittern nicht ausgesehen. Prüfend schaute er Takenya nochmal an, machte dann ein paar Schritte auf sie zu und ließ die Wühlmaus in den Schnee fallen. Dann entfernte er sich wieder etwas und stellte seine Ohren aufmerksam auf.

Tip hob die feuchte Nase in die Luft und ignorierte die kalte, schneidende Luft, in welcher sie die Gerüche des ihr fremden Waldes aufnehmen konnte. Die Fähe würde am liebsten lossprinten, ihre Muskeln aufwärmen und lockern, nur um nicht mehr diese ziehende Kälte an ihrem Fell zerren zu spüren, doch sie musste sich ihre Kräfte einteilen. Mit gesenktem Kopf trabte sie zwischen den hohen Bäumen entlang und suchte nach bekannten Gerüchen, welche sie einem Lebewesen zuordnen konnte.

"Rhemus - ein schöner Name. Es freut mich deine Bekanntschaft zu machen."
Als Rhemus die Wühlmaus vor ihr in den Schnee fallen ließ, legte Takenya ihren Kopf ein wenig schief. Sollte das ein Angebot sein? Zugegeben, sie hatte Schwierigkeiten sich an die letzte Mahlzeit zu erinnern und ihr Magen knurrte. Dennoch blickte sie ihn einige Sekunden fragend an, bevor sie die Maus aufhob. Als sie das kleine Tier mit ihrem Fang umschloss, wuchs ihr Hunger sogleich ins unerträglich und sie begann die Wühlmaus zu verschlingen. Die Augen dabei stets beobachtend auf den Rüden gerichtet. Als sie geendet hatte, neigte sie den Kopf dankend in seine Richtung.

Tips Ohren zuckten, als sie mitten im Wald unschlüssig zum Stehen kam. Hier, ganz in der Nähe nahm sie die Gerüche von Wölfen auf. Sie wollte nicht mehr schnuppern, da die kalte Luft ihrer Nase genug angetan hatte, doch Tip war sich sicher, dass es kein Rudel oder ähnliches war. Zögernd blickte sie auf die Duftspur, welche sie zu den anderen Wölfen geleiten würde. Klar, sie mochte es nicht allein zu sein, aber einfach so vorbeischneien schien ihr fast noch unangenehmer. Wie sehr sie sich wünschte, sie hätte die Wölfe nicht bemerkt. Dann hätte Tip ganz zufällig vorbeikommen können und vielleicht hätte sie sich wirklich mit ihnen unterhalten. Jetzt fühlte sich jeder nächste Schritt an, wie der eines Welpen, welcher unbedingt seiner genervten Mutter hinterherkriechen musste. Seufzend schob sie die Gedanken beiseite und versuchte ihre Wut auf sich selbst zu unterdrücken, während sie mit unschuldigen und genervten Blick weiter lief. Bald war sie auch schon nah genug um Stimmen zu vernehmen. Tip tauchte hinter einem der vielen Bäume auf, als sie die anderen Wölfe sah (Takenya und Rhemus). Ab da wusste sie nicht mehr weiter und ihr viel nichts besseres ein als die anderen Wölfe einfach schweigend anzusehen.

Rhemus' Ohren zuckten zur einen Seite als er eine andere Wölfin ausmachen konnte. Zuvor war er angenehm überrascht gewesen, dass Takenya sein Angebot angenommen hatte. Auch wenn sie sich nicht wirklich kannten war Rhemus keiner der jemanden Nahrung verwehren würde.
Da Tip mit einer bereits ziemlich genervten Miene dort stand, entschief sich Rhemus dagegen weiter auf sie einzugehen. Er nickte bloß Takenya zu und entfernte sich einige Meter während er die Nase witternd in den Schnee steckte. Noch immer war aber sein eines Ohr zu Tip gerichtet... Aus Vorsicht.

Tip schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter und zwang sich dazu etwas zu Sagen. Es war ihr sichtbar unangenehm, dass sie allein schon einen Kloß im Hals runterschlucken musste um zu reden. "Seid ihr von hier?", fragte die Fähe und übersprang den Teil des Vorstellens, den man sonst am Anfang der Konversation benutzte.

Takenya zog ihre Lefzen zu einem leichten Lächeln. Sie war froh, dass ihre anfängliche Verunsicherung offenbar unbegründet zu sein schien. Rhemus war freundlich zu ihr gewesen, obwohl sie sich so fremd waren. Die Anspannung die sie kurz zuvor noch durchfahren hatte, war nun fast vollständig von ihr abgefallen. Doch leider war dies nicht von langer Dauer. Gerade wollte Takenya ihn auf das merkwürdige Ding an seinem Ohr ansprechen, da richtete sich seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes. Oder jemand anderen.. Als Rhemus sich entfernte, blieb die junge Fähe wie angewurzelt stehen und starrte die Fremde an.

Tip wich dem Blick der Fähe vor ihr nicht aus und vergaß schon bei nahe, dass sie eben etwas gesagt hatte. Für einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie die Stille als angenehm oder unangenehm empfinden sollte. Doch soweit niemand anderes etwas sagte, hatte sie nicht vor sie zu brechen.

Ein wenig verunsichert blickte Takenya in Rhemus' Richtung. Er schien die Fremde zu ignorieren. Ob sich die beiden bereits begegnet waren? Die helle Fähe zögerte einen weiteren Augenblick. Dann verneinte sie mit fester Stimme. Ihr Blick ruhte erneut auf der braunen Fremden. Sie schien allein zu sein und Takenya hatte bereits ein wenig Vertrauen in ihre neue Bekanntschaft gelegt. Das bestärkte sie und nahm ihr ein Stück von ihrer Unsicherheit.

Als Tip das Wort ergriff schaute Rhemus auf.
Er verneinte ebenfalls mit einem bloßen Kopfschütteln. Er ignorierte Tip nicht sondern gewährte ihr Freiheit in dem er Abstand schaffte. Seine Haltung war locker, entspannt.

Als die beiden Wölfe antworteten erinnerte Tip sich wieder an das Gespräch was sie soeben begonnen hatte und nickte, zum Verständnis. Ohne näher zukommen legte sich die Fähe auf den Boden, da sie fürchtete sie würde unter den beiden Wölfen zu angespannt wirken wenn sie stand. "Von wo kommt ihr, wenn ich fragen darf? Seid ihr reisende?" Diesmal war es kein kläglicher Versuch einfach nur mit anderen zu reden, nein, Tip interessierte sich wirklich ein bisschen für die Wölfe, auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ. Tip war lange alleine gereist, doch sie versuchte sich so natürlich wie möglich zu benehmen.

Etwas überlegend wie er am ehesten auf die Frage antworten sollte, blickte Rhemus in eine zufällige Richtung. "Ich komme aus dem Süden. Mich trieb es weg von meinem Heimatrudel.", antwortete er ehrlich. Sein seichter Blick machte deutlich, dass er ihr indirekt dieselbe Frage stellte.